Während die Tagesschau einen Videobeitrag mit „Nichts ist gut gegangen an der Kommunalwahl in NRW“ überschreibt, sind andere noch immer überrascht ob der Gewinne der AfD. Einmal mehr wird angesichts der Wahlergebnisse das Ende des sozialdemokratischen Ruhrpotts ausrufen als ob dieses nicht schon eine Weile her sei (und punktuell wiederum gar nicht stimmt, siehe RVR – Regionalverband Ruhr). Immerhin kommen einige Kommentatorinnen und Kommentartoren der Kommunalwahl ohne Überraschungsgeste angesichts der Verdreifachung der Wahlergebnisse der AfD aus. Irgendwie ist spätestens seit der Bundeswahl klar, dass nicht allein der Osten ein Problem mit autoritären Geistern und Putinfreunden hat.
Das Wahlergebnis ist nicht überraschend
„Gelsenkirchen über 30 %, Duisburg 23 %, Essen 21 %. Die AfD ist kein Protest mehr, sondern Platzhirsch. Und die Linke? Spielt Streicher auf der Titanic. NRW zählt – und Antifaschist*innen weinen.“ startet ein Tatsachen-Stakkato über die Geländegewinne der AfD bei der Kommunalwahl in NRW am gestrigen Sonntag. Der Wahlnachlese-Zwischenruf zum Aufwachen ist hier in voller Gänze nachlesbar.
Und wieder sprechen wir über die Brandmauer
„Die Brandmauer steht“, so der CDU-Generalsekretär, Paul Ziemiak, doch die AfD sieht sich nach der Kommunalwahl in NRW einmal mehr als erfolgreicher Brandmauerspecht und kommt, nicht unerwartet, mit dem üblichen Argument: Wer ihr jetzt Ausschluss- und Aufsichtsratsposten in den Kommunen verweigert, indem er eine demokratische Front gegen „den Wählerwillen“ schmiedet, der handele undemokratisch. Abgesehen von der fragwürdigen Demokratieauffassung der Blaubraunen, sind wir mit diesen Erzählungen der Rechtsaußen-Truppe mitten in den aktuellen Auseinandersetzungen, die einmal die CDU im Innern zerreißt, zum anderen die Republik seit Wochen, ob bei der Wahl der Verfassungsrichterinnen oder bei – als verantwortungsvolle Haushaltsdebatten – dekorierten Vorstößen, einer ganzen Republik im x-ten Aufguss erzählen zu wollen, dass die vermeintliche spätrömische Dekadenz einiger Sozialstaatsbetrüger unsere Grundfesten mehr ins Wanken brächte als die ausgesetzte Vermögenssteuer, das Diestwagenprivileg und fehlende Steuerbeamte. Dafür wird die Beschädigung demokratischer Institutionen munter in Kauf genommen und anhaltender Vertrauensverlust in die Bundesregierung provoziert. Sonst nichts. Die Frankfurter Rundschau schaut genau auf diesen Punkt bei der Auswertung der Kommunalwahl in NRW.
Landtagswahlen und Bundespolitik
Dass die Bundespolitik mindestens nervös auf diese Wahlergebnisse schaut, obwohl Landtagswahlen zumeist ganz andere Themensetzungen bewegen, ist allein angesichts des Outputs der Bundesregierung nachvollziehbar. Der Deutschlandfunk versucht eine erste Bestandsaufnahme einen Tag nach den Wahlergebnissen.
SPD, Grüne und LINKE vor strategischen Rätseln
Das schlechte Abschneiden von SPD und Grünen bei den Kommunalwahlen in NRW zusammen mit dem sanften Aufwind der LINKEN (siehe Köln und siehe Bonn), die allerdings mit ihrem Ergebnis hinter dem Bundestagswahlergebnis liegen, aber schon mal landespolitisch in die Zukunft schauen sollten, verdient insgesamt eine besondere Analyse. Die gesellschaftliche Linke und deren verbliebene parteipolitische Vertreter*innen im weitesten Sinne haben verloren und das muss verdaut und strategisch verarbeitet werden. Aus wenn die TAZ als Wahlverliererin erstmal selbstkritisch die Grünen ausmacht, trifft die verlorene Wahl für Demokratinnen und Demokraten im größten Bundesland mehr Parteien als die Grünen.